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SG Athletico Büdelsdorf
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Verfasser Beiträge
Oliver Stief

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Registriert: 29.10.2006
Beiträge: 149

03.08.2010 - 10:11: Mythos Ironman | Zitieren Zitieren

Es ist vollbracht!

Zum vierten Mal konnte ich am vergangenen Sonntag erfolgreich einen Ironman-Wettbewerb abschließen. Wieder einmal mit neuer persönlicher Bestzeit (9:50:22); ich habe mir sogar erneut einen Titel erkämpft: Vizemeister in der AK M40 im Rahmen der zeitgleich ausgetragenen Norddeutschen Meisterschaften in dieser Disziplin. Und es ist wieder einmal ein unglaubliches Gefühl. Mit mir im Reinen genieße ich jetzt die Stunden und Tage nach dem Wettkampf – und versuche den Rest des Vereines ein Stück weit Teilhaben zu lassen an diesem Glück.

Was macht es eigentlich aus, ein „Ironman“ zu sein?

Viele verbinden „Ironman“ mit vom Sport getriebenen Menschen und Muskel gestählten Körpern. Sportlern, die Maschinen gleich - manchmal zu eigensinnig - ihren Sport betreiben, über den Dingen stehen und vielleicht etwas hochnäsig auf den Rest der Bevölkerung herabschauen. Tatsächlich finden sich unter den Triathleten – im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung – auffällig viele superschlanke und muskelgestählte Körper. Und tatsächlich gehört ein gesunder Ehrgeiz, ja Egoismus dazu.

Das ist es aber nicht. Etwas ganz anderes macht diese Menschen so besonders. Die körperliche Entwicklung ist nur eine natürliche Reaktion der Biologie - die Folge also dessen, was das Besondere ausmacht. Meiner Meinung sind es zwei Dinge. Einerseits ist es die unglaubliche Willensstärke, die es braucht um dieses – selbstgesetzte - Ziel zu erreichen. Sich immer wieder mit sich und seinen individuellen Möglichkeiten - seinem Körper - auseinander zu setzen, mit sich im Reinen zu sein, Erfolge zu feiern und Rückschläge zu verarbeiten und positive Energie aus allem zu ziehen. Wer gegen sich arbeitet – nicht auf seinen Körper hört - muss am Ende vielleicht mit gesundheitlichen Folgen rechnen. Andererseits ist es die individuelle Schaffung eines Ventils, dem täglichen Alltag ein Stück weit zu entfliehen – sich in seine eigene kleine Fantasiewelt zurück zu ziehen (um Ziele zu Verfolgen braucht es Visionen und Fantasie), sich vielleicht sogar mit Gleichgesinnten zu treffen, sich gegenseitig auszutauschen und zu motivieren. Das sorgt am Ende für eine unglaubliche innere Ruhe. – Auch wenn es nach Außen oft nicht den Anschein haben mag.

Wir Langdistanz-Triathleten wirken oft als vom Sport Getriebe. Ich dagegen sage: von der Sucht nach Entspannung, innerer Ruhe und Ausgeglichenheit Getriebene. Ich habe bisher ausschließlich Triathleten kennen gelernt, die sich vollkommen freiwillig diesen scheinbaren Strapazen aussetzen. Alle waren am Ende superausgeglichen, zufrieden und mit sich selbst im Reinen. Ironman ist man also nicht erst nach Beendigung eines Wettkampfes über die klassischen Distanzen 3,8 – 180 – 42,195 Kilometer. Für mich beschreibt Ironman „den Weg dahin“. Mit dem Wettkampf krönt man lediglich die getane Arbeit der vergangenen Wochen und Monate um einen – vorläufigen - Abschluss zu finden. Für neue Ziele, die man sich früher oder später stecken wird.

Respekt!

Deshalb verdient jeder Ironman-Finisher meinen allergrößten Respekt. Alle haben eine unglaubliche Willensstärke bewiesen und können verdammt stolz auf das Geleistete sein. Der Acht-Stunden-Finisher wie der Fünfzehn-Stunden-Sieger.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass wir Athleticos uns am vergangenen Sonntag zu zweit der Einzeldisziplin gestellt haben. Mir ist es erst im Verlauf des Wettkampfes aufgefallen. Mich bereits lange in meinem Erfolg sonnend hörte ich plötzlich eine Lautsprecherdurchsage von einem der Moderatoren. - Gottfried Schmidt von der SG Athletico Büdelsdorf begab sich auf eine weitere Laufrunde und wurde vom begeisterten Publikum mit Jubelrufen auf den Weg geschickt. Also Gottfried: Wir sind uns meines Wissens bewusst vorher noch nicht begegnet. Jedenfalls habe ich kein Bild von dir vor Augen. Ich vermute einmal, du hast dich am vergangenen Sonntag zum ersten Mal mit dem Ironman-Titel gekrönt. Dafür gebührt dir mein allergrößter Respekt. Auf jeden Fall hast du die größere Willensstärke bewiesen; du hast nicht aufgegeben!! Auch nach 13 Stunden nicht. Ich habe mich lediglich beeilt, ins Ziel zu kommen um den „Qualen“ möglichst schnell ein Ende zu bereiten. Ich verneige mich vor dir und gratuliere dir herzlich! Suuuperklasse! Vielleicht liest du das hier. - Beschreibe doch einmal deine Erfahrungen.

Für die Interessierten folgt nun eine Zusammenfassung der Ereignisse der letzten Tage:

Die letzte Trainingswoche

Wie immer in den Sommerferien befinde ich mich mit der Familie auf Fehmarn. Angereist sind meine Frau und ich am Freitag vor rund 10 Tagen. Die Kinder befinden sich schon zwei Wochen länger auf der Urlaubsinsel (auf den Reisebericht „Einmal Fehmarn und zurück“, ebenfalls zu finden im Forum, sei hiermit verwiesen).

Eine der großen Herausforderungen vor einem entscheidenden Wettkampf ist das Reduzieren der Trainingsumfänge bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Körperspannung. Ziel soll es sein, die Energietanks zu füllen und sich die nötige Motivation für „den einen Tag“ zu holen. Eine verdammt schwierige Zeit, wenn man es gewöhnt ist, 20 Wochenstunden und mehr (Keinen Schrecken bekommen! Dies gilt in meinem Fall ausschließlich für die letzten drei Trainingswochen vor der Taper-Phase. Ansonsten reichen 12 bis 15 Wochenstunden völlig aus, um auf hohem Niveau Wettkämpfe bestreiten zu können. Viele Triathleten kommen sogar mit fünf bis sieben Stunden aus und sind am Ende sehr zufrieden mit sich. Jeder steckt sich seine Ziele am Ende selbst). Jedenfalls befand ich mich in einem ständigen Konflikt mit mir. Einerseits wusste ich genau, woran ich noch arbeiten „musste“. Andererseits musste ich unbedingt „runterfahren“ um aufzutanken.

Bei mir sah es folgendermaßen aus:

Morgens rund 25 Minuten Schwimmen in der Ostsee. Einüben – soweit das noch möglich war – einer strömungsgünstigeren Wasserlage mit dem Ziel bei gleichem Kraftaufwand schneller zu schwimmen.

Abends acht bis zehn Kilometer Laufen auf welligem bis hügeligen Streckenprofil, welches in etwa dem im Wettkampf entspricht (die Laufstrecke in Glücksburg gilt als überaus herausfordernd und ist alles andere als einfach zu bewältigen). Dabei immer wieder darauf achtend, die seit Mai eintrainierte Vorfuß-Lauftechnik energieeffizient umzusetzen.

Drei kurze Radeinheiten (unter einer Stunde) mit jeweils einem kurzen Antritt auf Wettkampftempo). Am Freitag habe ich gemeinsam mit meinem langjährigen Trainingspartner Frank Wichmann eine letzte Schwimmeinheit in der Ostsee absolviert. Anschließend war Nichtstun angesagt.

Der letzte Abend vor dem Wettkampf

Gemeinsam mit Trainingspartner Michael Pahl, seiner Ehefrau Andrea und deren Arbeitskollegen Timo (die Drei beteiligten sich im Rahmen einer Firmenstaffel – ACO Ahlmann – am Stellelwettbewerb – Endzeit der Staffel rund 10:19 Stunden) übernachteten wir in unseren Wohnwagen auf einem Sportplatz nahe der Wettkampfstätte. Der Abend davor gehörte traditionell einem gemeinsamen Cola-Whiskey (für den Aufbau der nötigen Testosterone – Achtung! Das ist ein Insider).

Schwim

Um 7 Uhr morgens stürzten sich rund 800 Sportler in die Fluten der Ostsee – rund 550 Einzelstarter und 250 Staffelschwimmer. Das Wetter war mild und trocken. Es herrschte wenig Wind und die See war ruhig. Immer wieder ein beeindruckendes Schauspiel. Zu durchschwimmen war ein strandnaher Dreieckskurs von zwei mal 1,9 Kilometern. Nach einer Stunde und vier Minuten entstieg ich den Fluten begab ich mich auf die zweite Disziplin.

Bike

Der Hammer! An diesem Tag lief alles rund. Ich bin das Rennen voll auf Angriff gefahren. Volles Risiko! Nur linke Spur, ständig überholt. Ohne Rücksicht auf die folgenden Strapazen der dritten Disziplin. Nach knapp unter 5 Stunden erreichte ich den zweiten Wechsel. Durchschnittsgeschwindigkeit auf 180 Kilometern: 36 Km/h!!! Der Wahnsinn!!!

Run

Beflügelt von der Radzeit begab ich mich auf die letzte der drei Disziplinen. 42,195 Kilometer waren zu absolvieren. Jetzt sollte sich herausstellen, ob das Techniktraining der vergangenen Monate am Ende erfolgreich sein sollte. Das Laufen ist gefühlt mein Schwachpunkt und ich habe in den vergangenen Wochen viel Übung in diese Disziplin investiert. Schwerpunkt war jedoch nicht das Ausdauertraining sondern rein technische Übungen. Das wöchentliche Laufpensum belief sich lediglich auf rund 20 bis 25 Kilometer. Meist waren es Acht- bis Zehn-Kilometer-Einheiten. Dabei habe ich meine Lauftechnik komplett „auf neue Füße“ gestellt. Von abrollender – gerade auf langen Läufen etwas schwerfälliger – Fersenfußtechnik auf dynamische, leichte, tippelnde, energieeffiziente Vorfuß-Technik, der für den Menschen natürlichsten Form des Laufens (versucht einmal barfuß schnell zu laufen. Dann wisst ihr, was ich meine; ihr lauft unweigerlich auf den Fußballen). Dem ging eine konsequent umgesetzte Gewichtsreduzierung um rund 5 Kilogramm einher, damit die Bänder durch die neue Form der Belastung nicht überbeansprucht würden.

Am Ende hat sich die neue Technik bezahlt gemacht. Den abschließenden Marathon bin ich in neuer Dreikampf-Bestzeit gelaufen: 3:41:15! Und da ist noch Luft für schnellere Zeiten! An dieser Stelle geht ein herzlicher Gruß an Hans-Peter Dannenberg – unserem Hawaii-Finisher des vergangenen Jahres. Auf unseren gemeinsamen Radrunden haben wir uns diesbezüglich immer wieder gegenseitig ausgetauscht und motiviert. Beide konnten wir deutliche Fortschritte verzeichnen. Hans-Peter zuletzt in Hamweddel auf einer vermessenen 10-Kilometer-Strecke in knapp 40 Minuten.

Das Publikum

Das Publikum an der Wettkampfstrecke war wieder einmalig. Glücksburg ist für seine zuschauerfreundliche Streckenführung bekannt. Besonders die knackige Steigung in der Innenstadt – dort werden die Athleten in Tour-De-France- Bergetappen-Manier den Berg hinauf getrieben.

Wesentlich näher gingen mir allerdings die vielen anwesenden Vereinskollegen. Teilweise hatten sie ihren aktiven Part im Rahmen von Staffel-Beteiligungen bereits hinter sich. Thies Pohlmann, Heike Kaack samt Ehemann, Sven Jaster feuerten mich auf der Laufstrecke an. Hans-Peter, Michael und Frank Derner begegneten mir wiederholt auf der Rad- beziehungsweise Laufstrecke. Immer wieder kam es zu aufmunternden Gesten. Meine Schwester Steffi und Trainingskollege Danny Bender – mit ihm bestritt ich im vergangenen Jahr einen Großteil dieses Wettkampfes gemeinsam - übernahmen besondere Rollen. Steffi „begleitete“ mich von der ersten Minute bis zum Schluss. Danny feuerte mich auf der Radstrecke an und versorgte mich auf der Laufstrecke mit Flüssigkeit.

Im Ziel dann super-emotionale Momente!! Hans-Peter, Sven, Michael, Andrea, Frank Derner, Steffi – alle waren Sie gekommen, um sich mit mir zu freuen. Kein Neid, keine Missgunst. Hier war ehrliche Begeisterung und Leidenschaft im Spiel. Der Hammer!! Unglaublich, was man in so einem Moment alles durchlebt. – Das ist auch Ironman! Danke allen Beteiligten für die Unterstützung.

So, das war’s vorerst mit meinem Erlebnisbericht. Ich hoffe, ich konnte euch den Ironman-Mythos ein Stück näher bringen. Ihr seid natürlich eingeladen, eure Eindrücke in diesem Forum wiederzugeben.

Wir sehen uns vielleicht kommenden Sonntag bei der RTF in Kaltenkirchen. Die Kattenberger rufen...

Das Machen m8's!

 
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Gast.

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03.08.2010 - 11:14: RE: Mythos Ironman | Zitieren Zitieren

Eines hätte ich fast vergessen. Zu all' dem Wahnsinn gehört natürlich auch der Rückhalt durch eine starke, gefestigte Familie. Es ist schon toll, miterleben zu dürfen, wie der eigene Sohn voller Stolz im Freundeskreis von seinem sportlichen Papa berichtet, immer wieder von der zurückgelegten Trainingsstrecke oder den vergangenen Wettkämpfen berichtet haben will, ja sogar Schulreferate zum Thema hält. - Ein Stück weit färbt der Sport auch auf Tom ab; den einen oder anderen Wettkampf hat er bereits hinter sich gebracht. Die nötige Akzeptanz ist auf jeden Fall da. - Wenn Papa beispielsweise an den langen Winterabenden mit einem spannenden Buch in der Hand stundenlang auf der Trainingsrolle verbringt, statt gemeinsam mit der Familie "Wetten dass..." zu sehen. Oder wenn Tom und Laura an den Wochenenden bis morgens um halbzehn mit dem Frühstück warten müssen, weil Mama arbeitet und Papa - seit fünf Uhr morgens mit dem Rad unterwegs - mal wieder nicht rechtzeitig mit den Brötchen auftaucht. Ohne diesen Rückhalt wäre vieles nicht möglich. Danke dafür, Nicole, Tom und Laura!

 
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Werner R.

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Beiträge: 1051

03.08.2010 - 12:21: RE: Mythos Ironman | Zitieren Zitieren

. . . wow! Toller Bericht, aus dem die pure Begeisterung spricht. Ich habe alles ausführlich gelesen - die Frage: Wann erscheint dein erstes Buch? ;-))

Nu aber: Herzlichen Glückwunsch zu deinem spitzenmäßigen Erfolg und zu deinem Glück, das du mit deiner Familie und deinen Freunden und Trainingskollegen hast - ohne diese Unterstützung wäre das alles sicherlich viel schwerer wenn nicht gar unmöglich. Hoffentlich bleibt das so . . .

Alles Gute für die Zukunft,

Werner

 
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Werner R.

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Beiträge: 1051

06.08.2010 - 06:10: RE: Mythos Ironman | Zitieren Zitieren

. . . und dann noch diese tolle Presse . . .




 
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